Strom

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Die Energiewende im Blick

Der Umbau der deutschen Energieinfrastruktur ist unter dem Stichwort „Energiewende“ bereits weit fortgeschritten. In seinem Buch „Strom“ unternimmt Tim Meyer den Versuch, diesen Umbau als große Chance darzustellen.

Ob Unternehmensportfolio, private Geldanlage oder Kampfkraft einer Armee – Diversifikation ist das Zauberwort, Risiken zu minimieren. Wer nur auf ein Produkt, eine bestimmte Geldanlage oder ein einziges Kampfgerät setzt, hat als Unternehmer, Privatperson oder General schlechte Karten, da die Möglichkeit verbaut ist, in kürzester Zeit auf unvorhergesehene Entwicklungen angemessen zu reagieren.

Diversifikation ist daher auch von Staatenlenkern zu beachten, um Abhängigkeiten zu vermeiden. Das hat auch Tim Meyer verstanden, der in seinem Buch „Strom“ die Abhängigkeit Deutschlands von Gaslieferungen aus Russland beleuchtet. Es ist jedoch unverständlich, dass der Autor nicht erkennt, dass auch die von ihm vehement propagierte Energie- und Wärmewende eine neue Abhängigkeit bedeutet, nämlich von den Launen der Natur.

Es spricht nichts dagegen, Wind- und Solartechnik einzusetzen, um eine weitere, strompreisregulierende Diversifikation des Stromangebots vorzunehmen. Doch gleichzeitig Kohle- und Atomkraftwerke abzuschalten, während der Netz- und Speicherausbau dem neuen Bedarf hinterherhinkt, ist hinsichtlich der Versorgungssicherheit unverantwortlich, wie nicht zuletzt der System-Zusammenbruch der Stromnetze in Spanien, Portugal und Teilen Frankreichs im Mai 2025 zeigte.

Der Autor führt an, dass marktwirtschaftliche Kräfte sowie Skaleneffekte zu einem Boom von Wind- und Solaranlagen führten. Doch ist dies nur zum Teil richtig, da Subventionen das Geschäft künstlich anheizen. So wird beispielsweise eine bundesweite Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit zinsgünstigen Krediten der KfW-Bank kombiniert. Zudem gibt es kommunale Zuschüsse und eine Mehrwertsteuerbefreiung für Anlagen bis 30 kWp. Kommunen bieten zusätzlich lokale Förderungen an.

Hinzu kommt, dass das für Pflanzen lebenswichtige Gas CO2 mit einem Preis versehen wurde, die alle Verbrennungsvorgänge praktisch mit einer Strafsteuer belegt, was dazu führt, dass der Betrieb von Verbrennungsmotoren und Heizungsanlagen künstlich teuer gemacht wird, damit rechnerisch die Alternativen günstiger erscheinen.

Man hat es demnach mit massiven Markteingriffen zu tun, die ein gutes Produkt nicht nötig hätte, da Kunden es auch ohne Förderung kaufen würden, wenn es sich als Vorteilhaft herausstellt. In einer funktionierenden Marktwirtschaft kaufen die Leute Produkte, die zu ihrem Leben passen, auch wenn beispielsweise ein teures Auto im einen oder anderen Fall die meiste Zeit nur herumsteht. Es bleibt das Geheimnis des Autors, warum er diesen Sachverhalt in seinem Buch kritisch sieht.

Tim Meyer beklagt zudem, dass „wir“ es nicht geschafft haben, unsere Märkte so zu organisieren, dass sie Unternehmen und Gesellschaft in die richtige Richtung führen. Hier kommt ganz klar der Wunsch nach Planwirtschaft zum Ausdruck. Das durch kommunistische Planwirtschaft ausgelöste wirtschaftliche Elend im ehemaligen Ostblock sollte eigentlich Mahnung genug sein, diesen Irrweg nie mehr zu beschreiten. Und die Energiewende ist ein Musterbeispiel hinsichtlich einer planwirtschaftlichen Vorgehensweise, wie sie insbesondere für eine Industrienation wie Deutschland fatal ist. Es ist in Deutschland für die Industrie vielfach schlicht unmöglich, Strom dann zu verbrauchen, wenn er verfügbar ist, da dies beispielsweise in Aluminiumwerken nicht möglich ist.

Der Autor schreibt in seinem Buch, dass Uruguay eine bemerkenswerte Energiewende vollzogen hätte und 32 Prozent des Stroms aus Windkraftwerken käme. Im Buch wird nicht erwähnt, dass in Uruguay lediglich knapp 3,4 Millionen Menschen wohnen und es keine Industrie gibt, die große Mengen Energie benötigt. Es gibt Bergbau, Transport, Logistik sowie Land- und Forstwirtschaft mit ihrer Viehzucht, Milchproduktion, Getreideanbau und Holzproduktion. Der Elektroenergieverbrauch Uruguays ist demnach gering und betrug 14.627 GWh im Jahr 2018. Demgegenüber lag der Stromverbrauch in Deutschland mit seinen 83,5 Millionen Einwohnern und der noch leistungsstarken Industrie im Jahre 2023 bei rund 457 Terawattstunden (TWh), das sind 457.000 GWh.

Es ist genau diese Lücke, die im Buch von Tim Meyer sehr stört. Es wäre sehr schön gewesen, wenn der Autor nicht nur die Chancen der Energiewende, sondern auch deren Risiken intensiv beleuchtet hätte. Es fehlt zudem die Mahnung, die Energiewende nicht über das Knie zu brechen, um zu verhindern, dass Strom zu teuer wird, so mancher Industriezweig demnach andere Standorte zur Produktion sucht. Aus der Sicht des Autors sind dies Entscheidungen von „Verlierern“, die an ihrer Beharrung scheitern werden.

Die fehlende kritische Auseinandersetzung mit der Energiewende gipfelt darin, dass schnell wechselnde und nicht planbare Strommengen, die fragile Netzstabilität und die hohe Regelleistung als lösbar dargestellt werden. Verschwiegen wird hingegen, dass durch die Energiewende beispielsweise die Netzentgelte in Deutschland von 2010 bis 2024 um etwa 100 Prozent gestiegen sind. Stromkunden sind daher mit immer höheren Stromkosten konfrontiert. Der Autor hingegen frohlockt, dass der Ausgleich von Stromschwankungen das Geschäft der Zukunft sei.

Zu allem Überfluss werden die realen Kosten der Energiewende nicht aufgeschlüsselt. Das gilt auch für die Umweltschäden, die Wind- und Solaranlagen verursachen. So werden beispielsweise ganze Wälder abgeholzt, um dort Windräder zu errichten und verschmutzen Offshore-Windparks Nord- und Ostsee mit chemischen Emissionen, wie etwa Rostschutzmitteln sowie Ölen und Schmierstoffen. Darunter sind giftige, krebserregende und schwer abbaubare Stoffe. Diese können zum Teil den menschlichen und tierischen Körper hormonell beeinflussen und sich zu allem Überfluss in der Nahrungskette anreichern.

Zudem beeinflussen Windräder auch das Wetter. Die bereits heute installierten Windanlagen wirken wie eine 720 Kilometer lange und 500 Meter hohe Mauer, was massive Auswirkungen auf die Windströmung hat. Sogar der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages stellte fest, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Standort der Windräder und der Verteilung der Bodendürre gibt.

Der Autor setzt sich auch nicht mit der Endlichkeit der für Elektroautos und Windräder nötigen Rohstoffe auseinander, geht somit auch in diesem Fall einer kritischen Auseinandersetzung beim Thema Strom aus dem Weg. Somit bleibt vom Buch ein zwiespältiger Eindruck, weshalb es für kritische, an ungeschönter und fundierter Information interessierte Leser nicht unbedingt zu empfehlen ist.


Mehr Informationen:

Titel: Strom

Autor: Tim Meyer

ISBN: 978-3-7693-5122-4

Verlag: Books on Demand GmbH

Jahr: 2025

Preis: 19 Euro

Gegenderter Text: Nein

www.bod.de

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