Einmal unterzeichneter Aufhebungsvertrag ist verbindlich

Auch der in einer Drucksituation abgeschlossene Aufhebungsvertrag ist regelmäßig verbindlich

Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten. Dies gilt auch für einen abgeschlossenen Aufhebungsvertrag, selbst wenn dieser in einer Drucksituation für den betroffenen Arbeitnehmer abgeschlossen worden ist. Ein späteres Lösungsrecht besteht nur ausnahmsweise, wie das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung betont.

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrags zur einverständlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann eine attraktive Option für Arbeitnehmer und Arbeitgeber sein. Dadurch kann der Arbeitgeber einen womöglich langwierigen Rechtsstreit um die Wirksamkeit einer Kündigung vermeiden und der Arbeitnehmer oftmals die Zahlung einer Abfindung durchsetzen. Die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags birgt aber stets das Risiko einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld. Die Agentur für Arbeit sieht darin eine freiwillige Aufgabe des Arbeitsverhältnisses und sanktioniert dies mit einer 12wöchigen Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld I. Unter bestimmten Voraussetzungen werden davon allerdings Ausnahmen gemacht, so dass eine sorgfältige Prüfung des Aufhebungsvertrags sinnvoll ist.

Verbindlichkeit des unterzeichneten Aufhebungsvertrags

Ist ein Aufhebungsvertrag aber erst einmal unterschrieben, ist dieser für beide Seiten verbindlich. Die spätere Vertragsreue ist unbeachtlich. Pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten, dieser juristische Grundsatz gilt auch hier. Nur in Ausnahmefällen könne sich der Arbeitnehmer später vom Aufhebungsvertrag lösen. Dies ist dann möglich, wenn der Beschäftigte durch Drohung oder arglistige Täuschung durch den Arbeitgeber zur Unterzeichnung veranlasst worden ist. Eine Lösungsmöglichkeit besteht auch dann, wenn der Arbeitgeber durch die gesamte Verhandlungsatmosphäre eine so starke Drucksituation geschaffen hat, dass der Arbeitnehmer in seiner Entscheidungsfreiheit maßgeblich eingeschränkt war.

Bundesarbeitsgericht: Hohe Anforderungen an Lösungsmöglichkeit

Diese Grundsätze hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) jüngst in einer aktuellen Entscheidung bestätigt (Urt. v. 24.02.2022, Az.: 6 AZR 333/21). Dort hatte ein Arbeitgeber die Mitarbeiterin zu einem unangekündigten Personalgespräch einbestellt. Neben ihm war der Rechtsanwalt des Unternehmens zugegen. Im Gespräch wurde der Mitarbeiterin vorgeworfen, dass sie Waren zu einem absprachewidrig reduzierten Preis veräußert habe. Sodann wurde ihr direkt im Gespräch ein fertiger Aufhebungsvertrag vorgelegt, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Monatsende vorsah. Diesen konnte sie nur sofort unterschreiben, eine weitere Bedenkzeit oder die Einholung von Rechtsrat wurden ihr nicht erlaubt. Die Arbeitnehmerin unterschrieb den Vertrag. Einige Tage später – nach anwaltlicher Beratung – wollte sie sich dann vom Vertrag lösen. Der Arbeitgeber habe mit Kündigung und Strafanzeige gedroht, nur deswegen habe sie unterschrieben, so die Beschäftigte.

Keine Drohung, kein unfaires Verhandeln

Vor dem BAG war sie damit erfolglos. Dieses billigte der Arbeitnehmerin kein Lösungsrecht zu. Wenn ein verständiger Arbeitgeber eine Kündigung oder eine Strafanzeige in Betracht ziehen würde, darf er dies auch dem Arbeitnehmer gegenüber deutlich machen und bei Nicht-Unterzeichnung des Aufhebungsvertrags damit drohen. Diese Drohung ist dann nicht widerrechtlich. Es bleibe dem Arbeitnehmer weiterhin freigestellt, ob er den Vertrag unterschreibt oder womöglich eine Kündigung erhält, die er dann gerichtlich prüfen lassen kann.

Angesichts der in Rede stehenden Fehlverhaltensweisen hätte ein Arbeitgeber redlicherweise eine Kündigung in Betracht ziehen dürfen, urteilten die obersten deutschen Arbeitsrichter. Auch eine ausnahmsweise Lösungsmöglichkeit wegen unfairen Verhandelns sahen die Bundesrichter nicht. Im Ausnahmefall könne dies zwar ein Lösungsrecht begründen. Dafür reicht es aber nicht aus, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keine Bedenkzeit gewährt und ihm dadurch anwaltlichen Rat verwehrt. Erst wenn der Arbeitnehmer massiv in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt wird, ist ein solcher Ausnahmefall gegeben. Die spätere Beseitigung eines einmal unterschriebenen Aufhebungsvertrags bleibt damit die absolute Ausnahme.