Selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt?

Die Unterscheidung ist gar nicht so einfach, dabei aber von enormer Bedeutung.

Die Unterscheidung einer abhängigen Beschäftigung von einer selbstständigen Tätigkeit kann für Auftraggeber oftmals eine Herausforderung darstellen. Um Beschäftigungsverhältnisse richtig beurteilen zu können lohnt es sich jedoch, die Kriterien einer selbstständigen Tätigkeit und einer Scheinselbstständigkeit zu kennen und anzuwenden.

Warum es sich lohnt? Stellt der Betriebsprüfer der Deutschen Rentenversicherung nachträglich Scheinselbstständigkeit bei freien Mitarbeitenden im Betrieb fest, kann das richtig teuer werden. Vor allem dann, wenn Beiträge für mehrere Jahre nachgefordert werden und noch Säumniszuschläge hinzukommen.

Scheinselbstständigkeit liegt vor, wenn ein Vertragsverhältnis mit einem vermeintlich selbstständigen Auftragnehmer nach bestimmten objektiven Kriterien in Wahrheit ein Arbeitsverhältnis ist. Der Auftragnehmer ist daher als Arbeitnehmer anzusehen und müsste als solcher versicherungspflichtig angemeldet werden.

Versicherungspflicht gilt grundsätzlich nicht für selbstständig Tätige

In der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung sind Personen, die als Arbeitnehmende gegen Arbeitsentgelt beschäftigt werden, versicherungspflichtig. Das gilt nicht für selbstständig Tätige. Nur ein kleiner Kreis selbstständig tätiger Personen (z. B. Lehrer, Künstler, Landwirte) ist zu unterschiedlichen Versicherungszweigen versicherungspflichtig.

Die Merkmale der Selbstständigkeit

Selbstständig ist jemand, der unternehmerische Entscheidungsfreiheit genießt. Weitere maßgebliche Merkmale könnten die folgenden sein:

1. Die betroffene Person trägt ein individuelles unternehmerisches Risiko

2. Die Arbeit erfolgt auf eigene Rechnung im eigenen Namen

3. Es kann für die individuelle Tätigkeit Eigenwerbung betrieben werden

4. Der Erfolg des persönlichen und finanziellen Einsatzes ist in weiten Teilen unsicher und unabhängig von anderen Beteiligten und deren Vorgaben.

5. Für die betreffende Person ist die Gestaltung der Arbeitszeit und des Arbeitsorts frei möglich. (Bei Scheinselbstständigen ist das nicht der Fall)

Die Unterscheidung zwischen Beschäftigung in Abhängigkeit und Selbstständigkeit

Bei einer abhängigen Beschäftigung bestehen mehr Verpflichtungen, aus denen dem Vertragspartner (Auftraggeber, Arbeitgeber) Steuerungs- und Kontrollmöglichkeiten erwachsen, denen sich ein echter Selbstständiger nicht unterwerfen muss. Das Beschäftigungsverhältnis unterscheidet sich durch den Grad der persönlichen Abhängigkeit. Sprich es kommt darauf an, wie frei der Erwerbstätige seine Tätigkeit tatsächlich verrichten kann.

Scheinselbstständigkeit: Wann eine abhängige Beschäftigung vorliegt

Für eine Beschäftigung in Abhängigkeit sprechen zum Beispiel:

1. Bestimmte Arbeitszeiten sind verpflichtend einzuhalten

2. Die Arbeit wird in den Räumen des Auftraggebers oder in anderen von ihm bestimmten Orten erbracht.

3. Vertragliche Zusicherung von Urlaubsansprüchen

4. Regelmäßige detaillierte Berichtspflicht

5. Weisungsgebundenheit

6. Arbeitsmittel werden von Auftraggeber gestellt

7. Verpflichtung zum Nutzen bestimmter Hard- und Software

8. Kontrollmöglichkeiten durch Auftraggeber

Die tatsächlichen Verhältnisse sind entscheidend

Häufig sind in der Praxis die jeweiligen Kriterien oder Merkmale gemischt. Eine ganz eindeutige Zuordnung auf den ersten Blick ist nicht möglich, weil es sich um sog. unbestimmte Rechtsbegriffe handelt und es deshalb kein allgemeingültiges, rechtssicheres Beurteilungsmuster gibt.

Finden sich Merkmale einer Beschäftigteneigenschaft gleichzeitig mit Merkmalen, die auf Selbstständigkeit hindeuten, ist der überwiegende Anteil der Merkmale entscheidend. Dabei gibt es starke und schwächere Kriterien, die in der Folge unterschiedlich zu gewichten sind.

Die vertragliche Gestaltung kann ebenfalls die Zuordnung einer Erwerbstätigkeit indizieren. Dies gilt allerdings nur, wenn die Verhältnisse auf dem Papier auch der gelebten Realität entsprechen. Sofern diese abweichen gilt das in der Praxis durchgeführte, denn hier schlägt das gelebte Verhältnis immer die Theorie auf dem Papier.