Urlaubsabgeltung: welche Verjährungsfrist gilt?

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Bundesarbeitsgericht präzisiert seine Rechtsprechung zur Haltbarkeit von Urlaubsansprüchen

Endet das Arbeitsverhältnis, ist nicht genommener Urlaub abzugelten, also an den Arbeitnehmer auszuzahlen. Dieser sogenannte Urlaubsabgeltungsanspruch kann aber nicht zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden, er unterliegt der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist. Mit einer aktuellen Entscheidung stärkt das Bundesarbeitsgericht die Rechte von Arbeitgebern und präzisiert seine Rechtsprechung.

Regelungen zum Urlaub finden sich im deutschen Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Danach verfällt Urlaub grundsätzlich zum Jahresende, nur ausnahmsweise darf er bis Ende März des Folgejahres noch „mitgenommen“ werden. Nicht genommener Urlaub ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszuzahlen.

Das deutsche Urlaubsrecht wird aber maßgeblich durch unionsrechtliche Vorgaben geprägt: Die europäische Arbeitszeit-Richtlinie enthält weitere Regelungen, die die deutschen Gerichte zu beachten haben. Über deren Auslegung und Einhaltung wacht der Europäische Gerichtshof (EuGH). Dieser hatte Arbeitgebern bereits mit einer Entscheidung aus dem Jahr 2018 eine Aufklärungspflicht ins Stammbuch geschrieben: Wenn ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber nicht „durch angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt“ werde, seinen Urlaub tatsächlich zu beanspruchen, dürfe der Urlaub nicht verfallen.

Das Bundesarbeitsgericht setzte diese Entscheidung sodann 2019 um. Es schuf eine arbeitgeberseitige Hinweis- und Aufklärungspflicht. Nur, wenn der Arbeitgeber diese erfüllt hatte, durfte Urlaub nach den Vorgaben des BUrlG zum Jahresende bzw. zum 31.3. des Folgejahres verfallen.

Beliebter Rettungsanker für Unternehmen war in solchen Fällen aber weiterhin das Berufen auf die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist. Auch Unternehmen, die ihre Hinweispflicht nicht erfüllt hatten, konnten weitergehenden Urlaubswünschen der letzten Jahre einen Riegel vorschieben.

Mit einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aus Dezember 2022 hatten die höchsten deutschen Arbeitsrichterinnen und Arbeitsrichter diese Rechtsprechung aber geändert und kurz vor Weihnachten für eine vorzeitige Bescherung gesorgt. Denn sie entschieden, dass Urlaub nur dann verjähren kann, wenn Unternehmen zuvor ihre Mitarbeiter darauf hingewiesen hatten, dass ihnen Urlaub zusteht, der bei fehlender Inanspruchnahme verfällt. Unternehmen, die dem nicht nachgekommen waren, durften sich nach der Entscheidung nicht mehr auf Verjährung berufen. Damit konnten auch noch Ansprüche aus den letzten Jahren geltend gemacht werden.

Der Arbeitnehmerschutz stach hier die regelmäßige dreijährige Verjährungsfrist. Ein Arbeitgeber, der durch eine fehlende Aufklärung den Arbeitnehmer zuvor nicht in die Lage versetzt habe, den Urlaub tatsächlich wahrzunehmen, durfte nicht durch ein erfolgreiches Berufen auf Verjährung belohnt werden. Das deutsche Verjährungsrecht müsse in einem solchen Fall hinter den Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie zurücktreten.

Streitfrage: Gilt für die Abgeltung nicht genommenen Urlaubs eine zeitliche Grenze?

Unklar war nach dieser Entscheidung aber, ob dies auch für die Abgeltung nicht genommener Urlaubsansprüche galt. Wäre dies der Fall, hätten Arbeitnehmer ihren vormaligen Arbeitgeber auf Auszahlung nicht genommener Urlaubsansprüche der letzten 20 oder 30 Jahre verklagen können. Damit bestand die Gefahr einer Klagewelle von Arbeitnehmern gegen ihre vormaligen Arbeitgeber.

Dem schob das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung aber einen Riegel vor: Danach unterliegt der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Urlaubsabgeltung weiterhin der dreijährigen Verjährungsfrist. Diese läuft mit dem Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, an. Das Gericht begründet dies damit, dass die Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses entfällt. Ab dann gelten die normalen Vorschriften – und damit auch die regelmäßige Verjährungsfrist.

Hinzukommt: Sehen Tarifverträge zudem engere Fristen zur Geltendmachung von Ansprüchen vor, so finden diese ebenfalls Anwendung. Auch dies entschied das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung.

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