Fall 1

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Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit?

Gemäß § 626 I BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden, sofern Tatsachen gegeben sind, die dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar machen. Grundsätzlich ist eine fristlose Kündigung wegen vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit möglich. Es handelt sich dabei um einen „wichtigen“ Grund, der eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Das Vortäuschen einer Arbeitsunfähigkeit stellt regelmäßig einen Betrug dar.

Dennoch hat das Landesarbeitsgericht Köln mit Urteil vom 10.Dezember 2020 (AZ Sa 491/20) die fristlose Kündigung eines Lageristen gestoppt.

Der Lagerist blieb seiner Arbeit unter Vorlage eines ärztlichen Attests aufgrund von Magen-Darm-Problemen, Unwohlsein und Ermüdung fern. Sein Vorgesetzter beobachtete den arbeitsunfähigen Arbeitnehmer dabei, wie er in einer Pizzeria Pizzakartons in eine Styroporbox stellte und diese zum Zwecke der Auslieferung in ein geparktes Fahrzeug brachte. Aufgrund dessen vermutete der Arbeitgeber eine vorgetäuschte Arbeitsunfähigkeit und möglicherweise eine nicht angegebene Nebentätigkeit. Abgesehen davon sah der Arbeitgeber eine Pflichtverletzung darin, dass der Arbeitnehmer seine Genesung durch sein Verhalten hindert. Er sprach daraufhin eine fristlose, hilfsweise eine ordentliche Kündigung aus.

Der Lagerist wehrte sich gerichtlich gegen die ausgesprochene Kündigung und trug vor, dass er in der Pizzeria seines Bekannten lediglich einen unentgeltlichen Freundschaftsdienst vollbracht habe.

Das Landesarbeitsgericht erklärte die fristlose und die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung für unwirksam. Der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung misst das Gericht einen hohen Beweiswert zu. Begründet wird die Entscheidung damit, dass es dem Arbeitgeber nicht gelungen sei, Tatsachen vorzutragen, die genügend Zweifel an der Richtigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auslösen und den hohen Beweiswert der Bescheinigung zu erschüttern. Das Gericht ging daher von der Richtigkeit des Attests aus.

Auch für das Vorliegen einer Nebentätigkeit des Beschäftigten und einer Pflichtverletzung in Form von grob genesungswidrigem Verhalten genügen die Beweise nicht. Die hohen Anforderungen, die das Gericht an eine solche Verdachtskündigung stellt, sieht das Landesarbeitsgericht als nicht erfüllt an.

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