Kaminofenproduktion 4.0: Digitaler Zwilling trifft Schweißroboter
Automatisiert Rohöfen verschweißen und gleichzeitig ein breites Produktportfolio abdecken
Der innovative Kaminofenhersteller HASE Kaminofenbau GmbH aus Trier bringt jährlich ein bis zwei neue Modelle auf den Markt. Durch das optimale Zusammenspiel von digitalem Zwilling und Schweißrobotern von KUKA kann HASE nun mühelos die steigende Nachfrage bedienen.
Kuschelige Wärme, knisterndes Holz, leuchtendes Feuer: Ein Kaminofen verkörpert für immer mehr Menschen Gemütlichkeit pur und darf im Wohnzimmer nicht fehlen. Darum steigt auch die Nachfrage beim Kaminofenhersteller HASE aus Trier stetig. Inzwischen produziert das 1979 gegründete Familienunternehmen bis zu 15.000 Öfen jährlich – und das dank Automatisierung schneller und effizienter als zuvor. Das Besondere dabei: Alle Kaminöfen fertigt HASE zu 100 Prozent am rheinland-pfälzischen Firmenstandort, wo rund 200 Angestellte arbeiten. Neben „Made in Germany“ setzt der Kaminofen-Spezialist auf Innovation – sei es durch jährlich neue Ofenmodelle, die intelligente Software iQ für sauberes Feuer oder die Automatisierung der Produktion durch Roboter.
Durch automatisierte Produktion hohe Nachfrage bedienen
Doch die steigende Nachfrage nach modernen und sauberen Öfen stellte das regional produzierende Unternehmen zunächst vor einige Herausforderungen. „Ein Kaminofen hat zig Schweißnähte – sie alle von Hand zu schweißen, dauert sehr lange“, weiß Florian Fischer, Leiter der Produktionsentwicklung bei HASE. „Weil uns auch zunehmend Schweißfachleute fehlen und unsere Anlagen in die Jahre gekommen waren, konnten wir vom boomenden Markt nur durch die Automatisierung unserer Produktion profitieren.“ Indem die fordernde Schweißarbeit am Rohofen auch aufgrund der Temperaturentwicklung Roboter übernehmen, können sich die Mitarbeitenden auf ihr Handwerk konzentrieren. Dazu zählt beispielsweise das Schweißen von Feuerraumtüren, wo der Arbeitsbereich für einen Schweißroboter ohnehin zu eng ist.
Digitaler Zwilling als Herzstück der Schweißanlage
Das Ziel der Manufaktur stand somit fest: Mithilfe von Schweißrobotern die Produktivität erhöhen, die Qualität sicherstellen und gleichzeitig die Mitarbeitenden entlasten. Doch HASE wäre nicht HASE, wenn der innovative Kaminhersteller dabei nicht zukunftsorientiert denken würde. „Wir wollten eine hochmoderne, flexible Roboteranlage bauen, die auch künftige, noch gar nicht existente Modelle abarbeiten kann, ohne dass sich unsere Konstrukteure einschränken müssen oder die Produktion deshalb stillsteht“, erzählt Fischer. „Deshalb spielt der digitale Zwilling unserer Anlage eine entscheidende Rolle.“
Da HASE bereits seit 20 Jahren Roboter von KUKA im Einsatz hat, fiel auch bei dem neuesten Projekt die Wahl auf den führenden Anbieter intelligenter Robotertechnik. Besonders attraktiv an der Zusammenarbeit war dabei nicht nur die Möglichkeit, KUKA Hardware in Form von zwei KR CYBERTECH nano ARC HW, der Lineareinheit KL 250-3 sowie einem Positionierer einzusetzen. Dass KUKA Software und Hardware aus einer Hand liefert, war entscheidend. Denn erst durch das Zusammenspiel mit der Software KUKA.Sim und dem digitalen Zwilling der Anlage löste HASE seine aktuellen Herausforderungen.
Die Simulationssoftware erweckt Roboterapplikationen virtuell zum Leben – noch bevor die Anlage in Betrieb genommen wird. Die offline-programmierten Roboter-Bewegungsabläufe werden in Echtzeit abgebildet und hinsichtlich ihrer Taktzeiten analysiert und optimiert. Zudem simuliert das Add-On KUKA.Sim ArcWelding die automatischen Schweißapplikationen. So lassen sich beispielsweise Anfahrtspositionen oder die optimale Ausrichtung der Roboter für den Schweißprozess definieren.
Ofenmodelle offline schneller programmieren
„Sämtliche Schweißabfolgen und Bewegungsabläufe unserer beiden Roboter auf der Lineareinheit simulieren wir im Vorfeld mithilfe von KUKA.Sim komplett abgekapselt von der eigentlichen Anlage“, sagt HASE-Programmierer Martin Altmeier. „Offline können wir mithilfe des digitalen Zwillings so ein Ofen-Programm in zwei Stunden programmieren. Online müssten wir dafür eine Anlage zwei Wochen außer Betrieb nehmen. Das zeigt: Ohne die Offline-Programmierung über die Simulationssoftware wäre unsere Produktion und die Entwicklung von neuen Modellen nicht so schnell und einfach möglich.“
Auch die Vorstellungen der Konstrukteure von neuen Ofenmodellen lassen sich via KUKA.Sim sehr früh in der Prototypen-Phase mit der Realität abgleichen. Denn mithilfe des digitalen Zwillings kann HASE die Schweißabläufe der Anlage eins zu eins simulieren und die Konstrukteure erhalten ein identisches Abbild des späteren Produktionsprozesses. So kann HASE mit dem digitalen Zwilling alle Schweißabläufe für neue Öfen erproben und am Ende auf dieser Grundlage das entsprechende Schweißprogramm für die Roboterzelle erstellen.
Flexible Automatisierung je nach Ofenmodell
Ist das Programm für ein Ofenmodell fertig, können die Roboter direkt loslegen. Der Maschinenbediener legt den Ofen mithilfe einer Hebevorrichtung in die Anlage, startet das Programm und der Positionierer hebt den vorgehefteten Rohofen, je nach Modell zwischen 20 und 100 Kilogramm schwer, in die gewünschte Position. Auf der Linearschiene schweißen die zwei Schweißroboter KR CYBERTECH nano ARC – verbunden mit zwei TPS 500i Fronius Stromquellen – dann automatisch die Nähte in der festgelegten Reihenfolge ab. „Zuvor haben wir in der Simulation exakt herausgefunden, wann welcher Roboter am besten welche Schweißnaht übernimmt“, erklärt Programmierer Altmeier, „damit wir keinen Verzug haben, die Nähte dicht sind und wir die optimale Taktzeit erreichen.“
Ein weiterer Vorteil: Durch verschiedene Benutzerebenen an der Anlage mit klaren Rollenprofilen wie die des Bedieners hat HASE das Ausfallrisiko durch Bedienungsfehler nahezu auf null reduziert. Zudem sind alle aktuellen Programme in der KUKA Software gesichert – selbst wenn an der Anlage ein Fehler passiert, lassen sich also alle Daten sofort wiederherstellen.
„Wir wollten die virtuelle Welt optimal mit der realen verbinden“, beschreibt Bernd von der Bank vom langjährigen KUKA Systempartner Paul von der Bank GmbH seine Intention bei dem Projekt. „Ob ich an der Anlage etwas verändere oder in der Simulation, ist egal, da in beiden Systemen das gleiche passiert. Dass Online- und reale Welt so gut miteinander harmonieren, ist am Markt einmalig.“