VDI: Risikostoff Asbest im Fokus
Enormes Gesundheitsrisiko eines einstmals beliebten Baustoffs
Ob im Blumentopf, der Fensterbank oder in einer Vielzahl von Bauprodukten, von etwa 1880 bis in die 1990er Jahre war Asbest ein begehrter Baustoff. Das Gesundheitsrisiko jedoch enorm. VDI-Experte Martin Kessel nennt konkrete Todeszahlen und was das für die Baubranche heißt.
Asbestose gilt seit 1937 als Berufskrankheit, aber es dauerte bis 1993 bis die Verwendung endgültig verboten wurde. Da Asbest immer noch in zahlreichen Gebäuden verbaut ist, besteht heute noch ein hohes Gesundheitsrisiko. Dipl.-Ing. Martin Kessel kennt die Gefahren, die von Asbest ausgehen und auch, wie man die Risiken minimieren kann.
"Es gibt Schätzungen, dass etwa 3.000 Produkten im Baubereich Asbest zugesetzt wurde. Und zwar seit etwa 1880. Häufig entsteht der Eindruck, es sei ein Problem der Nachkriegsjahre, aber Asbest wurde auch schon früher genutzt", sagt er. Asbest gehe daher alle an. In wenigen eindeutigen Fällen lassen sich Asbestbelastungen durch visuelle Prüfung identifizieren. Ansonsten gilt es, qualifiziert Proben zu nehmen und zu analysieren. "Dabei dürfen bei der Probenahme keine Fasern freigesetzt werden, es muss immer gehandelt werden, als sei Asbest im Material vorhanden."
So krank macht Asbestose
Asbestose führt zu einer starken Einschränkung der Lungenfunktion und senkt deutlich die Lebensqualität. Ein weiterer Faktor sind unterschiedliche Krebserkrankungen, die in Zusammenhang mit Asbest stehen. Kessel sagt: "Wenig bekannt ist, dass diese Zahlen seit Jahren nicht rückläufig sind, wie viele es nach dem Verbot in den 1990ern erwartet haben. Sondern die Zahlen steigen noch und es ist kurzfristig auch keine gegenteilige Entwicklung zu erwarten. Denn wir bauen zu Dreivierteln im Bestand und das heißt wir arbeiten in vielen Gewerken in potenziell belasteten Bauwerken."
Dunkelziffer bei rund 15.000
In Deutschland gibt es laut dem VDI-Experten knapp 1.600 Asbesttote jedes Jahr. "Und hier sprechen wir nur von denen, die als Berufskrankheit anerkannt wurden. Das heißt, die Dunkelziffer liegt um ein Vielfaches höher, schätzungsweise bei rund 15.000." Ihm ist es unverständlich, dass wir warum wir "wahnsinnig viel Geld in den Brandschutz stecken, obwohl nur wenige Hundert Tote im Jahr zu beklagen sind und kaum etwas für das Bannen der Gefahren vor Asbest tun, obwohl in der EU jährlich 70.000 Menschen an den Folgen sterben".
Für die Baubranche heißt das: "Zuallererst: Informieren, informieren, informieren und ernst nehmen! In allen Gewerken!" Weiter führt er aus: "Ordentlich erkunden, die Gefahren kennen und fachgerecht mit Asbest umgehen – das ist der einzige Weg, verantwortungsvoll mit diesem tödlichen Thema umzugehen."