Strategische Partnerschaft für den Formenbau

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Zusammenspiel von Maschine, Werkzeug und CAM-Strategie

Da es im Werkzeug- und Formen­bau häufig um Einzelstücke und Kleinserien geht, kommen bevorzugt Standardwerkzeuge zum Einsatz. Angesichts der kaum überschaubaren Vielfalt an Geome­trien und Ausführungsvarianten scheuen Anwender davor zurück, eine große und entsprechend kostenintensive Vielzahl an Werkzeugvarianten zu bevorraten. Der CAM-Programmierung kommt so die Aufgabe zu, die anstehende Bearbeitung möglichst mit dem vorhandenen Bestand zu erledigen. Kompromisse gehen dabei oft zu Lasten der Maschinenlaufzeit. In einem gemeinsamen Projekt haben MAPAL und der Fräsmaschinenhersteller Röders GmbH an einem Musterwerkstück das Zusammenspiel von Maschine, Werkzeugen und CAM-Strategie optimiert.

„MAPAL ist führend im Bereich von Hochleistungswerkzeugen mit speziell an die Kundenanforderungen angepassten Eigenschaften“, so Dietmar Maichel, Global Head of Segment Management Die & Mould bei der MAPAL Dr. Kress KG. Deshalb lag lange ein Fokus des Unternehmens auf Sonderwerkzeugen. Doch stieg in den vergangenen Jahren der Anteil an kurzfristig verfügbaren Standardwerkzeugen, wie auch das umfangreiche Produktprogramm für den Werkzeug- und Formenbau zeigt: Von den rund 6.500 Standardwerkzeugen sind etwa 5.000 ab Lager verfügbar. Sie weisen im Formenbau besonders gefragte Eigenschaften auf, wie etwa die Eignung zur Bearbeitung hochharter Werkstoffe bei engen Toleranzen. Letzteres ist wesentlich für die Erzielung einer hohen Genauigkeit bei exzellenter Oberflächengüte.

Kooperation mit der Röders GmbH

„Für ein Pilotprojekt zur Erstellung eines Formwerkzeuges suchten wir einen innovativen Maschinenhersteller als Partner“, berichtet Maichel. Karsten Wolff, MAPAL Gebietsverkaufsleiter für Norddeutschland und Dänemark, stellte den Kontakt zu der Röders GmbH aus Soltau her. Bereits erste Gespräche verliefen sehr vielversprechend und mündeten in einer Zusammenarbeit. MAPAL konstruierte in Abstimmung mit Röders ein Probebauteil, das dem Kern für ein großflächiges Spitzgießbauteil nachempfunden war. Die Geometrie wies diverse bearbeitungstechnische Handicaps sowie strenge Vorgaben bezüglich der Oberflächengüte auf und stellte sehr hohe Anforderungen an die Bearbeitung. Als Werkstoff wurde der im Formenbau verbreitete und auf 50±2 HRC durchgehärtete Stahl 1.2343 gewählt. Component Manager Francesco Ingemi von MAPAL erstellte mit dem CAM-Programm Hypermill von OpenMind eine optimale Frässtrategie und definierte dabei die am besten geeigneten Werkzeuge.

Abstimmung von Maschine und Werkzeugen

„Im Bereich Werkzeug- und Formenbau sind die Anforderungen bezüglich Präzision und Oberflächengüte besonders hoch“, erläutert Dr.-Ing. Oliver Gossel, Vertriebsleiter Maschinenbau der Röders GmbH. Zudem werden sie ständig weiter nach oben geschraubt. Deshalb sollen Fräsmaschine und Fräswerkzeuge harmonieren, wie Dr. Gossel ergänzt: „Dabei geht es nicht nur um Schneidstoffeigenschaften, Spindelleistung und Vorschubgeschwindigkeit, sondern beispielsweise auch um Steifigkeit gegen Werkzeugabdrängung, Schwingungsdämpfung oder auch um Nullpunktstabilität bei Bearbeitungen, die stunden- und sogar tagelang durchlaufen.“ Eine wichtige Rolle spielen zudem hochgenaue Messsysteme für die Kontrolle der Achspositionen sowie für die Vermessung der Werkzeuge.

Genutzt für den Pilotversuch im Röders-Technikum wurde eine HSC-Fünfachsmaschine RXP 601 DSH. Dieser Maschinentyp hat sich in zahlreichen Formenbaubetrieben als robustes und zugleich hochpräzises Arbeitspferd bewährt. Das von MAPAL vorgeschlagene NC-Programm wurde gemeinsam mit den HSC-Spezialisten von Röders unter Berücksichtigung der Leistungsdaten, insbesondere der möglichen hohen Dynamik, RXP 601 DSH optimiert. Im Ergebnis entstand eine hinsichtlich Genauigkeit und Oberflächenqualität optimierte Frässtrategie, bei der auch die sekundären Ziele einer möglichst kurzen Bearbeitungszeit sowie eines minimalen Werkzeugsverschleißes nicht außer Acht gelassen wurden.

Spezielle Werkzeuge: Schrupp- und Schlichtfräser für hohen Vorschub

„Für die Bearbeitung kamen insgesamt 16 verschiedene Werkzeuge zum Einsatz“, sagt Dietmar Maichel. Einige sind aufgrund ihrer außergewöhnlichen Eigenschaften besonders hervorzuheben. In der Reihenfolge der Bearbeitungsabläufe ist das zunächst der Hochvorschubfräser OptiMill-3D-HF-Hardened, der für das Abtragen großer Materialmengen zum Einsatz kam. Der sechsschneidige Fräser mit Durchmesser 16 mm schruppte mit einer Schnittgeschwindigkeit von 170 m/min und einem Vorschub pro Zahn von 0,5 mm. Er erreichte somit eine Vorschubgeschwindigkeit von über 10 m/min. Speziell zum Schruppen gehärteter Bauteile mit Härten ab 56 HRC entwickelt, zeichnet sich der OptiMill-3D-HF-Hardened als sehr fehlerverzeihend im unterbrochenen Schnitt aus. Auch bei Schlichtprozessen erzielt der Fräser dank seiner innovativen Stirngeometrie hohe Oberflächengüten.

Ein fünfschneidiger Eckradiusfräser OptiMill-3D-CR-Hardened mit Durchmesser 10 mm kam für die Finishbearbeitung des oberen Bereiches – Planfläche, Kontur und Radiusübergang – zum Einsatz. Dieser sehr stabil ausgelegte Fräser mit hoher Radiusgenauigkeit eignet sich zur Finishbearbeitung von Werkstoffen bis 66 HRC. Bei hohen Vorschubwerten erzeugt er erstklassige bis hin zu hochglänzenden Oberflächen.

Spezielle Werkzeuge: Kreisradiusfräser und Finishfräser mit Wiper-Geometrie

„Innovativ sind die Einsatzmöglichkeiten des Kreisradiusfräsers OptiMill-3D-CS“, verrät Francesco Ingemi. Dank seiner speziellen Geometrie bearbeitet dieser Fräser, der wahlweise in Tropfen- oder Kegelform verfügbar ist, Werkstückflanken mit hoher Zustellung fertig und reduziert die Bearbeitungszeit. Im Vergleich zu üblichen Kugelfräsern lassen sich bei gleichem Zeilensprung und gleicher Bearbeitungszeit hochwertigere Oberflächengüten erzielen. Noch besser ausspielen kann der Fräser die Vorteile seiner Geometrie bei größeren Zeilensprüngen: Hier lassen sich die Prozesszeiten bei gleicher oder besserer Oberfläche um bis zu 80 Prozent verringern. Die hohe erzielbare Oberflächenqualität ermöglicht zudem eine merkliche Verringerung des Polieraufwands.

Der radiale Wendeschneidplattenfräser NeoMill-3D-Finish ist universell für Schlichtbearbeitungen gehärteter Werkstoffe und Anwendungen einsetzbar. Die besonders verschleißfesten und exakt gefertigten Wendeschneidplatten mit axialer und radialer Wiper-Geometrie ermöglichen höhere Werte für Schnitttiefe sowie Vorschub pro Zahn und damit eine höhere Produktivität. Eine Vollhartmetallverlängerung macht zudem vibrationsarmes Schlichten auch in großen Tiefen möglich.

Beide Werkzeuge benötigen für einen idealen Betrieb hohe Vorschübe, nicht nur auf geraden Wegstrecken, sondern auch in stark gekrümmten Bahnen. Aufgrund ihrer hohen Dynamik (d. h. hohe Werte für die gefahrenen Beschleunigungen) bietet gerade dies die Röders-Maschine. „Auch nach der Bearbeitung von Innenecken, bei der die Geschwindigkeit ja auf Null reduziert werden muss, werden nach kürzester Zeit wieder ideale Schnittwerte erreicht“, erläutert Dr. Gossel. Anwender erreichen daher sowohl sehr hohe Werkzeugstandzeiten also auch hervorragende Fräsergebnisse. „Ein sehr schönes Beispiel für die gewünschte Synergie zwischen Maschine und Werkzeugen“, unterstreicht Kasten Wolff.

Ganzheitliche Prozessoptimierung

„Für beide Partner war dieses Projekt eine gute Gelegenheit, sich gegenseitig sowohl auf der technischen als auch auf der persönlichen Ebene kennenzulernen“, bilanziert Dr. Oliver Gossel. Es hat sich gezeigt, dass die Firmenphilosophien beider Unternehmen gut harmonieren. Röders verfolgt das Ziel, dass die Anwender mit seinen Maschinen möglichst effizient arbeiten können. Um hier optimal unterstützen zu können, hat Röders beispielsweise die meisten markgängigen CAM-Systeme im Einsatz. Auch MAPAL verkauft nicht einfach nur Werkzeuge, sondern unterstützt die Kunden bei Bedarf aktiv und kompetent mit einem gut vernetzten Team aus Technischen Beratern vor Ort, Marktsegmentspezialisten, Entwicklungsingenieuren sowie CAM-Programmierern.

Die Zusammenarbeit der beiden Unternehmen hat überzeugt, sowohl während der Definition der Bearbeitungsstrategie als auch in der Praxis: Die Bearbeitung des Musterbauteils dauerte acht Stunden und zwölf Minuten, bei einer durchgängigen Oberflächenrauheit Ra 0,09-0,12 µm. Dr. Oliver Gossel: „Hervorzuheben ist, dass für die Schlichtarbeitsgänge des Projekts zahlreiche unterschiedliche Werkzeuge eingesetzt wurden. In der Praxis wird dies oft unterlassen, weil es aufgrund unzureichender Werkzeuggenauigkeit beziehungsweise Maschinensteifigkeit oder -genauigkeit, zum Beispiel durch thermische Drifts, zu Problemen durch „Absätze“ am Werkstück kommen könnte.“ Um dies zu vermeiden, nimmt der Anwender lange Bearbeitungszeiten in Kauf. Bei dem hier vorgestellten Projekt gab es aufgrund der Qualität von Maschine, Werkzeugen und CAM-Programmierung dagegen keine derartigen Risiken. Die gewählte, für die jeweiligen Oberflächensegmente ideale Strategie schlug sich in einer niedrigen Bearbeitungszeit nieder.

Mittlerweile laufen bereits einige Projekte, bei denen gemeinsam Lösungen für Aufgabenstellungen von Röders-Kunden entwickelt wurden. Dazu ist auch ein gemeinsamer Kundenworkshop geplant.

Röders GmbH

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